COLONPREV-Studie (Spanien): Koloskopie vs. FIT-Test bei Darmkrebsvorsorge
- Netzwerk gegen Darmkrebs
- 31. März
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Apr.
Publikation: The Lancet, 27. März 2025
Studiendesign: Pragmat. randomisierte, kontrollierte Nichtunterlegenheitsstudie
Teilnehmerzahl: 57.404 Personen, 50–69 Jahre, durchschnittliches Risiko
Zeitraum: 2009–2021 (10 Jahre Nachbeobachtung)
Vergleich: Einmalige Einladung zur Koloskopie vs. Einladung zu zweijährlichem FIT-Test
Am 27. März 2025 wurde im Lancet die finale Auswertung der spanischen COLONPREV-Studie veröffentlicht – eine der bislang wichtigsten randomisierten Studien zum Vergleich von Koloskopie und dem fäkalen immunologischen Test (FIT) im Rahmen der bevölkerungsbasierten Darmkrebsvorsorge. Ziel war es, zu untersuchen, ob die Einladung zum FIT-Screening im Hinblick auf die Reduktion der darmkrebsbedingten Sterblichkeit nach 10 Jahren der Koloskopie nicht unterlegen ist.
Insgesamt wurden 57.404 Personen im Alter von 50 bis 69 Jahren ohne familiäre oder persönliche Risikoanamnese für Darmkrebs zufällig eingeladen – entweder zur einmaligen Koloskopie oder zu einem zweijährlichen FIT-Test. Die Studie wurde zwischen 2009 und 2021 an 15 spanischen Krankenhäusern durchgeführt und verfolgte einen pragmatischen Ansatz, um die Realität organisierter Screeningprogramme möglichst gut abzubilden.
Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Die Teilnahmerate war in der FIT-Gruppe mit 39,9 % signifikant höher als in der Koloskopie-Gruppe (31,8 %). Nach 10 Jahren zeigte sich keine signifikante Differenz in der darmkrebsbezogenen Sterblichkeit zwischen den Gruppen: Sie lag bei 0,22 % in der Koloskopiegruppe und 0,24 % in der FIT-Gruppe. Die vordefinierte Nichtunterlegenheitsgrenze wurde klar unterschritten (p = 0,0005), sodass FIT als nicht unterlegen zur Koloskopie in diesem Kontext gilt.
Auch in Bezug auf die Inzidenz von Darmkrebs (1,13 % vs. 1,22 %) sowie die Gesamtmortalität (7,64 % vs. 7,68 %) zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Die Koloskopie detektierte erwartungsgemäß häufiger fortgeschrittene Adenome (3,2 % vs. 2,4 %) und nicht-fortgeschrittene Neoplasien (4,5 % vs. 1,5 %). Die Komplikationsraten waren in beiden Gruppen sehr niedrig und vergleichbar (je ca. 0,3 %). Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Die Teilnahmerate war in der FIT-Gruppe mit 39,9 % signifikant höher als in der Koloskopie-Gruppe (31,8 %). Nach 10 Jahren zeigte sich keine signifikante Differenz in der darmkrebsbezogenen Sterblichkeit zwischen den Gruppen: Sie lag bei 0,22 % in der Koloskopiegruppe und 0,24 % in der FIT-Gruppe. Die vordefinierte Nichtunterlegenheitsgrenze wurde klar unterschritten (p = 0,0005), sodass FIT als nicht unterlegen zur Koloskopie in diesem Kontext gilt. In der FIT-Gruppe unterzogen sich 95.4% der positiven Personen einer Koloskopie. In beiden Gruppen war die cross-over-Rate niedrig.
Ein interessanter Aspekt der Studie war, dass etwa ein Drittel der diagnostizierten Krebsfälle außerhalb des eigentlichen Screeningprogramms entdeckt wurde – etwa im Rahmen von symptomorientierter Diagnostik. Dies verdeutlicht, dass auch außerhalb strukturierter Programme relevante Diagnosen gestellt werden, was wiederum die Bedeutung eines breiten diagnostischen Zugangs unterstreicht. Überdies gelten die o.g. Ergebnisse für die sogenannte intention-to-treat (besser vielleicht intention-to-diagnose) Analyse, die alle randomisierten Personen erfasst, also auch die, die nicht zum Screening gingen. Die per-protocol-Analyse, die nur im Appendix enthalten ist, zeigt marginale Unterschiede zugunsten der Koloskopie: Die Mortalität lag bei 0.02 für die Koloskopie und 0.11 für FIT (Konfidenzintervalle grenzen an) und die Indzidenz bei 0.85% (Koloskopie) vs. 1.28 (FIT) mit leichter Überlappung der Konfidenzintervalle. Per-Protocol-Analysen gelten allerdings als statistisch fehleranfällig und deswegen nicht immer zuverlässig, v.a. wenn nicht möglichst viele Parameter der Personen bekannt sind, die zur Vorsorge gingen versus diejenigen, die es vermieden haben.
Die Autoren betonen, dass Teilnahmequoten und Akzeptanz zentrale Faktoren für den Erfolg von Screeningprogrammen sind. In der realen Welt scheint ein weniger invasives Verfahren wie der FIT besser angenommen zu werden – ein Punkt, der für die gesundheitspolitische Planung enorm relevant ist, insbesondere in Ländern mit eingeschränkten endoskopischen Kapazitäten.
Fazit: Die COLONPREV-Studie liefert starke Evidenz dafür, dass ein organisiertes, FIT-basiertes Screeningprogramm eine effektive und gut akzeptierte Alternative zur Koloskopie darstellt – mit vergleichbarem Effekt auf die Sterblichkeit durch kolorektales Karzinom. Die Ergebnisse könnten die internationale Diskussion zur optimalen Strategie in der Darmkrebsvorsorge maßgeblich beeinflussen. Ich persönlich finde die Studie freundlich für beide Seiten, in Deutschland werden im Einladungsverfahren ohnehin beiden Optionen angeboten.
Die Ergebnisse der COLONPREV-Studie werden außerdem in folgenden Podcasts diskutiert:
🎙 GastroGeplauder – Folge 126 ➡️ https://www.dgvs.de/aus-dem-fach/klinik-praxis/gastro-geplauder/
🎥 Endoscopy Essentials – Folgen 50 bis 52 ➡️ https://endoscopy-essentials.com/Mit Interviews u. a. mit Erstautor Prof. Toni Castells sowie dem US-Experten Dr. Douglas Rex
Autor:
Prof. Dr. Thomas Rösch
Klinik und Poliklinik für Interdisziplinäre Endoskopie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Tel.: +49-40-7410-50098
Fax +49-40-7410-40004
E-mail: t.roesch@uke.de
For the COLONPREV trial see
Articles Lancet 2025; published online March 27. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(25)00145-X
For the NordICC trial see
N Engl J Med 2022; 387: 1547–56
For the TEMPO trial see Articles
page 1081
For more on blood tests for
colorectal cancer see Editorial Lancet Gastroenterol Hepatol 2024; 9: 895
For more on early-onset
colorectal cancer see https://www.thelancet.com/series/earlyonset-colorectal-cancer